Der Wasserwechsel. Ein Mysterium? Nö, schnell, einfach und sehr hilfreich.
Der Wasserwechsel
In der Natur lebt ein Fisch in einem System, das durch ständigen Wasseraustausch geprägt ist. Dieser Wasseraustausch kann sehr gering sein, wie z.B. in einem kleinen See mit Grundwasserspeisung, oder aber sehr groß, wie in einem Flusssystem.
In der Aquaristik gibt es nun zwei Grundrichtungen, die sich sehr arg unterscheiden. Die einen predigen die Altwasseraquaristik, die anderen einen ständigen Wasserwechsel.
Altwasseraquarien können funktionieren, brauchen aber bestimmte Vorraussetzungen. Diese will ich hier nicht näher erläutern. Nur so viel: meiner Meinung nach ist dafür viel Gespür, Erfahrung und auch das richtige Wasser notwendig.
Persönlich ziehe ich den Wasserwechsel vor. Je nach dem Ausgangswasser erreicht man dadurch einen relativ stabilen Biotop. Ein Wasserwechsel bedeutet erst mal einen Aufwand, der sich aber durch die gewonnene Verbesserung des Systems lohnt.
Man muss sich auch mal die Dimensionen vor Augen führen, die ein Wasserwechsel bewirkt: bei einem Nitrit-Gehalt von 0,5 mg/L (was in der Einlaufphase durchaus vorkommen kann) bewirkt ein 50%iger Wasserwechsel erst eine Senkung des Nitrit auf 0,25 mg/L. Das ist immer noch viel zu viel. Daher muss der WW der jeweiligen Situation angepasst werden.
Der regelmäßige WW bewirkt, dass das Wasser mit all seinen Parametern näher am Ausgangswert bleibt. Je nach Größe des Beckens, der Anzahl und Größe der Fische und Pflanzen macht ein 50%iger WW pro Woche durchaus Sinn.
Findet der WW aber statt, um einen gefährlichen Wert zu drücken, kann auch mehr als 50% gewechselt werden. Das obige Beispiel zeigt den Effekt. In so einem Fall würde ich ohne zu Zögern mindestens 80% wechseln.
Nun denken viele Leute, das bei so einem großzügigen Wechsel ja alle Bakterien entfernt würden, dem ist aber nicht so. Nahezu alle Bakterien leben substratgebunden in sogenannten Biofilmen. Diese Biofilme finden sich auf allen Oberflächen innerhalb eines Aquariums. Wenn nun bei einem 80%igen WW der Boden, die Pflanzen und der Filter nicht angetastet werden, verkraftet das ein intaktes System ohne Probleme.
Mein derzeitiges AQ läuft mit einem automatisierten Wasserwechsel von ca. 10% täglich. Dabei habe ich festgestellt, das der Biotop an sich stabiler wird und meine Fische vitaler sind.
Der richtige Wasserwechsel per Schlauch
Wenn der Wasserwechsel (WW) direkt mit einem Schlauch von der Wasserleitung erfolgt, sind ein paar Dinge zu beachten. Wasser wird in den Wasserwerken unter Druck in das Leitungsnetz gebracht. Mit einem höheren Druck, kann Wasser auch mehr Gase lösen. Ausserdem ist das Leitungswasser meistens nicht gerade warm (aus der Kaltwasserleitung). Je tiefer die Temperatur, desto höher wiederum das Lösungsvermögen.
Wird jetzt das Wasser direkt ins AQ gelassen, treten häufig kleinste Gas-Perlen auf. Das ist allerdings nicht gut.
Bei einer Gasübersättigung des Wassers, was ja bei einem ausperlen eindeutig der Fall ist, können die Fische schwere Schäden davon tragen.
Nach einem solchen WW ist sehr wahrscheinlich N2 und O2 im Überschuss im Wasser. Beide Gase diffundieren über das Kiemenepithel ins Blut. Aber das Blut kann auch nur eine bestimmte Menge an Gasen lösen. O2 wird bis zu einem gewissen Grad gebunden (vom Hämoglobin), der Rest ist weiterhin gelöst. N2 wird im Körper nicht verbraucht und ist auch nur im gelösten Zustand im Blut.
Steigt der Anteil der gelösten Gase im Blut über das Lösungsvermögen des Blutes, perlen auch im Fischkörper Gase aus. Diese wandern im Blut und können sich an engen Stellen festsetzen. Dies kann zu Embolien und auch zur Gasblasenkrankheit führen.
Als weitere Lektüre zur Atmung:
Die Atmung der Fische von Nikolai Mette.
Atmung - CO2 - O2; von Lars Dettmann.
Mit dieser Blasenbildung im AQ ist nicht zu spassen!
Von daher ist es ratsam, das Wasser vorher abstehen zu lassen. Wird eine größere Menge an Wasser benötigt, ist das nicht mehr praktikabel. Dann kann man das Wasser sehr langsam einlaufen lassen und über dem AQ mit einer Düse (z.B. Gardena) versprühen. Dadurch wird ein Großteil der Gase ausgetrieben und gerät gar nicht erst ins AQ.
Wenn man ausschließen kann, dass Kupfer mit eingetragen wird, kann man das Wasser auch temperiert aus der Leitung entnehmen. Das reduziert auch die Gefahr der Blasenbildung.
Das sagenumwobene Ionenspektrum
Das sich die Wasserwerte in einem AQ verändern ist unbestritten. Über einen längeren Zeitraum ist auch die Veränderung größer.
Bei regelmäßigen Wechseln, bleibt das Wasser näher am Ausgangswert, deshalb ist der Sprung der Werte nicht so groß.
Was kann man messen? pH, GH, KH, Leitwert, NO2, NO3, PO4, Mg, Fe, Cu, NH3/NH4.
Aber für das Pflanzenwachstum wichtig sind auch noch S, B, Mo, Mn, Zn, Ni, Ca, K, Si, Cl, Na.
Diese Werte kann man aber mit handelsüblichen Tests nicht messen. Pflanzen verbrauchen einiges der genannten Elemente, manche bis nichts mehr da ist, andere weniger.
Mit Futter und Dünger bringt man einiges wieder ins AQ. Nur wird man es nicht schaffen, genau das was verbraucht wurde wieder hinzu zu fügen. Ausserdem wird von einigen Elementen zu viel hinzu gefügt. Ergo driften die Werte ab, besonders bei den Elementen, die man nicht messen kann.
Nitrat und Phosphat können optimal sein, genauso Härte und pH, aber bei einigen anderen Elementen läuft es schief.
Der regelmäßige und ausreichend dimensionierte Wasserwechsel ist das beste und billigste Mittel das AQ gesund zu erhalten. Vor allem wird immer der Ionenhaushalt im Gleichgewicht gehalten, was für Pflanzen und Fische wichtig ist.
Fazit: je größer der zeitliche Abstand zwischen zwei Wasserwechseln, desto schlechter für die Fische.